Die Geschichte des Altbaus

erzählt von Alexander Grow

Die Bezeichnungen für die Gebäude auf unserem Schulgelände verweisen entweder auf ihre Funktion oder auf ein auffälliges, architektonisches Detail. Ob „Glashaus“, „Schindelhaus“ oder „Kunst-Werkhaus“ dabei eine besondere namenstechnische Originalität für sich in Anspruch nehmen dürfen, bleibe dahingestellt. Der „Altbau“ darf es ebenso wenig; schon der Name ist irreführend, denn nicht wenige andere, leider zum Teil nicht mehr existierende Baulichkeiten auf unserem Flecken Steinatal dürfen gegen den Begriff „alt“ mit vollem Recht Bedenken anmelden: Das ehemalige Mädchenheim des Internats, in seinen Anfängen bis 1925 das Wohnhaus der Dithfurtschen Försterei, oder dass unterhalb der Busschleife gelegene, leider schon arg im Verfall sich befindliche ehemalige Forstarbeiterhaus sind ein gutes Stück älter.

Freilich hat der Name eine gewisse Berechtigung, ist doch durch die Flure, Keller und Räume des Altbaus die Historie heiteren, aber auch bedenklichen Schrittes gegangen. Und das kam so:

Möglichst zügig wollten die nationalsozialistischen Machthaber nach 1933 nicht nur die Spuren demokratischen Lebens beseitigen, sondern ihrer Herrschaft durch den Zugriff auf die Jugend Dauerhaftigkeit verleihen und dies hieß im Jargon der Diktatur: „Erziehung im Sinne der NS-Ideologie“. Je früher desto besser, was nun wiederum hieß, diejenigen systemtreu auszubilden, in deren Händen die Betreuung der Kleinsten liegen sollte – die Kindergärtnerinnen. Die althergebrachten Kindergärtenangebote der beiden Kirchen sowie der Arbeiterwohlfahrt konnten sich nicht behaupten und wichen dem Druck der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“ (N.S.V.), wobei dem aufmerksamen Leser schwerlich der Euphemismus dieses Begriffsungetüms entgehen wird. Es waren nun einmal nicht die Zeiten für Vielfalt. So hatte denn spätestens 1934 die N.S.V. das alleinige Sagen auf dem Feld des Sozialen im Allgemeinen und schenkte dem Bereich der Kindergärten ihre besondere Aufmerksamkeit. Warum nun ausgerechnet der Steinataler Flecken auserkoren wurde, um auf ihm eine Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen zu errichten, wird wohl eine nicht mit letzter Bestimmtheit mehr zu beantwortende Frage bleiben. War es die Lage so ziemlich im geographischen Herzen des Reiches, war es die verkehrsmäßig gute Anbindung in alle Richtungen, waren es die bereits vorhandenen Gebäude des ehemaligen Dithfurtschen Anwesens  oder gar die nicht zu übersehende Verwurzelung der braunen Partei im Schwälmer Talboden – gleichviel, ob Lage oder Gesinnung: Im Jahr 1936 erwarb die N.S.V. die vorhandenen Liegenschaften im `Steinatal´ vom Kreis Ziegenhain und noch im selben Jahr nahmen die Pläne zur Errichtung eines „Reichsseminars für Kindergärtnerinnen der N.S.V. Steinatal“  konkrete Gestalt an. Schon im darauffolgenden Jahr, also 1937, wurde die neue Ausbildungsstätte – unser heutiger Altbau – als `Haupthaus´ eingeweiht. Es ist bezeichnend für die Intensität, mit der das Regime sein Willen geschwind durchsetzte, dass das `Reichsseminar´ schon ein Jahr vorher seine Arbeit aufgenommen hatte und zwar im bereits mehrfach erwähnten, einstigen Wohnhaus der Dithfurts. Raschheit war eben zu allen Zeiten der Nukleus diktatorischer Zerstörung des Althergebrachten.

Wenig ist über die Leiterin des `Reichsseminars´, einer Frau Ilse Haeborn, bekannt, noch weniger über die auszubildenden jungen Frauen – mit einer Ausnahme vielleicht und die ist auch nur der Tatsache geschuldet, dass der Verfasser dieser Zeilen eine davon persönlich gekannt hat, wenn auch nur, einschränkend sei es erwähnt, aus jener Zeit, als eben diese Frau lange nach 1945 Leiterin des 1950 eingerichteten Mädchenheims wurde, was dem Fall seine Einzigartigkeit verleiht. Es war dies die aus dem Korbacher Raum stammende Frau Luise Dippel. Bei ihr wollen wir einen Moment verweilen.

Sie gehörte zu jenem Typ von Frauen, die auftreten konnte wie die ehemalige UFA-Schauspielerin Adele Sandrock: In der Filmrolle einer Hausbesitzerin wusch sie einmal einem in ihrer Gegenwart etwas lauter werdenden Herrn mit ihrer markanten, weil tiefen und das `r´ rollenden Stimme den Kopf mit den Worten:“ Junger Mann, in diesem Hause schrei nur ich!“ So war Luise Dippel: Respekt erheischend und bekommend, autoritär, gesetzt – dabei nicht ohne artige Formen und Verbindlichkeiten im äußeren, sicheren Auftreten. Pädagogisch-erzieherische Fähigkeiten in ihrer späteren Rolle als Leiterin des Mädchenheims besaß sie ohne Zweifel – aber es ging doch noch ein Stück darüber hinaus. Wenn sie gegen Ausgang des Vormittags ihren Generalsposten im Mädchenheim verließ und sich auf den Weg zum Speisesaal im alten Jungenheim begab, so schaute man hin – nicht zum wenigsten aus den oberen Fenstern des Altbaus. Sie war das, was man in früheren Zeiten `eine Erscheinung´ nannte – und eine äußerst gepflegte dazu! Diejenigen, die sie kannten, werden nicht nur ihren strengen Blick, sondern vor allem ihre wallende, volle, pechschwarze und stets akkurat frisierte Haarpracht als Markenzeichen ihrer Erscheinung schwerlich vergessen… Sie legte ihr Examen als Kindergärtnerin in unserem Gebäude, dem `Altbau´, im Jahr 1940 ab und war dann noch ein Jahr im Kindererholungsheim, dem heutigen `Kunst-Werk-Haus´, als Erzieherin tätig. Es folgten verschiedene Anstellungen in der weitläufigeren Umgebung ihrer Heimat. Steinatal hatte sich ihr jedoch offensichtlich am meisten eingeprägt. Als sie 1966 von der Vakanz der Leiterinstelle des Mädchenheims erfuhr, bewarb sie sich erfolgreich. Dass sie ihre Tätigkeit aus den dunklen Seiten von vor 1945 in die helleren Nachkriegskapitel unserer Schulgeschichte hinüberretten konnte, mag Erstaunen hervorrufen. An dieser Stelle folgen wir aber dem weisen Rat Klios, der Muse der Geschichte, die zur Vorsicht mahnt und dabei auf biblischen Sukkurs zurückgreift: „Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet!“  – Ob es gesundheitliche Gründe oder gar der Ruf ihrer Waldeckschen Heimat waren, die sie als Mitfünfzigerin dazu bewog, Ende 1974 ihre Aufgabe im Steinatal niederzulegen, muss an dieser Stelle offenbleiben. Ihre Spur verlor sich dann und nur selten hörte man von diesem oder jenem Kontakt. Von einem Auftauchen bei einer der folgenden, zahlreichen Schulveranstaltungen weiß niemand zu berichten.

Auf die inneren Räumlichkeiten des Altbaus bin ich zu den verschiedensten Gelegenheiten in den letzten Jahren so oft eingegangen, dass an dieser Stelle ein weniger zugleich ein mehr sein mag und so beschränke ich mich hier auf einen meist unbeachteten Punkt: den Haupteingang, ist er es doch, der den Besucher schon von weitem einlädt heranzutreten. Wir sind nun solch ein Besucher und nähern uns dem Altbau vom heutigen Schülerparkplatz her, einem Flecken, der während der Dithfurtschen Phase und darüber hinaus als großzügig angelegte, landwirtschaftlich verwendete Garten-und Feldanlage genutzt wurde. Einen Augenblick verharren wir und vergleichen verblüfft das Gebäude vor uns mit einem mitgebrachten, alten Foto des ehemaligen Reichsseminars. Wie wenig sich – sieht man einmal von dem späteren Ausbau im Dachgeschoss ab – gebäudemäßig verändert hat! Selbst der Haupteingang empfängt den Besucher noch wie damals: Eine von roten Klinkern links und rechts eingefasste, nüchtern-steinerne Treppe führt uns zum Portal, dessen eichene Flügel schwerlich leugnen können, dass sie nicht erst seit gestern hier die Eingangswacht halten. Unser Blick fällt auf die rechts vom Portal angebrachte, ebenfalls eichene Tafel, von der uns das Emblem „MSS“ groß entgegenschaut. Dies haben wir allerdings dem erfreulichen Wechsel der Zeiten zu danken, denn wischen 1937 und 1945 prangte an eben jener Stelle die Abkürzung „NSV“.

Beide – Portal und Tafel – erfuhren jüngst eine fachmännische Reinigung und erscheinen nun wieder in einem frischen, verjüngten Kleid – so, als wollten sie den Gästen zum Schuljubiläum ein freundliches Willkommen zurufen. Und in der Tat. In den Jahren des ersten, ordentlich eingesetzten Direktors der Schule, Rudolf Dalhoff, stand eben jener beim Auftakt zum alljährlichen Jahresfest, das immer in Erinnerung an den Einweihungstag im Steinatal 1950 am zweiten Sonntag im Mai stattfand und ein gesellschaftliches Ereignis von Rang in der Schwalm war, mit seiner Frau am beschriebenen Eingangsportal und machte die pflichtschuldigen Honneurs. Jeder wurde herzlich begrüßt!

Eben von diesem Begrüßungsstandort nahm das Ehepaar Dalhoff dann auch die erste Attraktion des bereits erwähnten Jahresfestes ab: Das Turnspiel auf dem Heiligen Rasen, der zu jenen Zeiten noch nicht das traurige Bild einer zerschnittenen Wiesenfläche bot. Unter der Federführung des bei Schülern, Eltern und Kollegen gleichermaßen beliebten Sportlehrers Walter Quentel wurde den in mehreren Reihen am Rasenrand stehenden oder von den oberen Fenstern des Altbaus aus zuschauenden Kollegen und staunenden Gästen ein an den verschiedensten Geräten ausgeführtes Turnspektakel geboten, das von einem sich von Minute zu Minute steigernden „Ah!“ und „Oh!“ begleitet wurde. Die gekonnten Vorführungen der Schüler mündeten dann in eine Spezialität Walter Quentels: Das `lustige Turnen´ in Anzügen, die aus den Goldenen Zwanzigern oder gar noch länger zurückliegenden Epochen hätten stammen können. Tapsige, drollige, meist vergebliche, scheinbar unbeholfene Bemühungen, den Barren zu überwinden, fanden rund um den Rasen, auf der Treppe des Haupteingangs wie auch an den dicht besetzten Fenstern des Altbaus ihren verdienten, von allseitigem Lachen begleiteten Beifall. Die Honneurs waren getan, die Stimmung war heiter und die strahlende Maisonne tauchte die Altbauszene in ein freundliches Licht, kurz: das Jahresfest  nahm seinen fröhlichen Verlauf. Wir aber wollen für einen Moment das Treiben auf dem Heiligen Rasen sich selbst überlassen und fragen: Wie begann das eigentlich alles? Dazu blättern wir in der Schulhistorie zurück:

Unseren Schülern im Schuljubiläumsjahr sagt der Name Wolfgang Paeckelmann leider kaum etwas; im günstigsten Fall haben sie sein gemaltes Porträt und ein von ihm handschriftlich signiertes Grußwort zur Schuleinweihung 1948 in dem Raum, der ihm zu Ehren den Namen „Wolfgang-Paeckelmann-Saal“ trägt, im Vorbeigehen flüchtig wahrgenommen. Beide, Porträtbild und Grußwort, warten meist vergeblich darauf, betrachtet oder gelesen zu werden. Das Porträt hing freilich in früheren Zeiten im Direktorat und das mit vollem Recht, denn ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass Wolfgang Paeckelmann, in organisatorischer und auch in geistiger Hinsicht, der Gründungsvater der Melanchthonschule ist. Dies mag seiner Weitsicht geschuldet sein, denn als Direktor des Kasseler Wilhelmsgymnasiums sah er spätestens nach Kriegsbeginn 1939 düstere Zeiten auf Stadt und Schule zukommen. Und diese Zeiten kamen nur zu rasch. Am 22.Oktober 1943 wurde Kassel Ziel eines verheerenden Luftangriffs der Alliierten, bei dem die Wilhelmsschule weitgehend zerstört wurde. Als Kuriosum sei am Rande erwähnt, dass man später im Schutt die Symbolfigur des humanistisch geprägten Gymnasiums fand – die Skulptur einer seit griechisch-mythologischen Zeiten Weisheit verkündenden Eule. Sie ziert heute das Foyer des Nachfolgebaus.                                                                                                                                                        Wir kehren nach diesem Exkurs zu Wolfgang Paeckelmann zurück, der lange vor dem Angriff Sorge dafür getragen hatte, dass die Schule ausgelagert wird und zwar in eine vom Kriegsgeschehen weniger bedrohte Region. Die Wahl fiel im Sommer 1943 auf Schwarzenborn und später Neukirchen, wo in für damalige Verhältnisse de luxe– Barackenunterunterkünfte das Schulleben provisorisch unter der Bezeichnung „Ableger der Wilhelmsschule“ seinen Fortgang nahm. Es gereicht den Verantwortlichen zur Ehre, dass dieser `Ableger´ als erste Schule zumindest in Hessen den Unterrichtsbetrieb nach Kriegsende wieder aufnehmen durfte. Es dauerte dann auch nicht lange, dass in Gesprächen zwischen der Landeskirche unter Bischof Wüstemann und Wolfgang Paeckelmann der Gedanke reifte, aus dem Provisorium etwas Neues zu machen und ihm einen eigenständigen Namen zu geben – eine Internatsschule unter dem Dach der Landeskirche Kurhessen-Waldeck. Über die Namenswahl „Melanchthon“ ist viel spekuliert worden. Doch dürfen wir an dieser Stelle den Leser freundlich daran erinnern, dass Philipp Melanchthon zu Recht den Titel `praeceptor Germaniae´ trägt und nicht wenige seiner Gedanken in unserem humanistischen Gymnasium ihre Spuren hinterließen.

Am 2.5.1948 war es endlich soweit! Kultusminister Stein hatte es sich nicht nehmen lassen, am feierlichen Einweihungsakt der „Melanchthonschule“ in Neukirchen teilzunehmen.

Freilich geriet diese gebäudetechnisch immer noch als Provisorium zu betrachtende Internatsschule bald unter einen besonderen Druck: Die Flüchtlingsströme aus dem Osten nahmen nicht nur kein Ende, vielmehr schwollen sie Ende der 1940er Jahre erst an, was auch unsere Region im Allgemeinen, die Melanchthonschule aber im Besonderen vor die Frage stellte: Wohin mit den Menschen? Die Baracken platzten aus allen Nähten und wollte man den oft elternlosen, hier gestrandeten Jugendlichen eine wirkliche Heimstatt für einen Neuanfang bieten, so musste rasch Abhilfe geschaffen werden. Und da war wohl Rudolf Dalhoff, dem wir eben noch am Eingangsportal begegneten und erster, ordentlich am 14.10.1949 eingesetzter Direktor der Schule war, so recht eigentlich der Mann, dessen es jetzt in der Not bedurfte. Auf die inzwischen leerstehenden Gebäude des ehemaligen Reichseminars im Steinatal war sicher schon vor seiner Amtszeit seitens der die Neukirchner Schule informell leitenden Herren verwiesen worden, doch nahm er, Dalhoff, jetzt energisch die Dinge in die Hand, kurz: Im Sommer 1950 erwarb die Landeskirche in einem Pachtvertrag Gelände und die inzwischen von den Amerikanern an den Kreis Ziegenhain zurückgegebenen Liegenschaften im Steinatal. Im Oktober desselben Jahres erfolgte der Umzug; die Melanchthonschule Steinatal war geboren! Die Verwaltung mit Direktorat, Lehrerzimmer und Unterrichtsräumen fanden ihren Platz im ehemaligen Reichseminar, das Dithfurtsche Wohnhaus beherbergte das Mädcheninternat und die männlichen Internatsschüler durften das ehemalige Kindererholungsheim ihr neues Zuhause nennen, das sog. `alte Jungenheim´, wie man es in späteren Zeiten nach der Errichtung eines Erweiterungsbaus 1965 – das `neue Jungenheim´, heute Steinahaus – zwecks Unterscheidung nannte.

Die Geschichte des Altbaus pflegt für gewöhnlich zweigeteilt zu werden: In die Tage von 1937-1945 und in die Tage seit 1950. Diese Hälftung gründet sich vornehmlich auf die so unterschiedlichen Phasen der Verwendung, doch hat der Altbau begründetes Recht, dagegen Einwand zu erheben und zu seinen Gunsten die Jahre 1945-1949 in die Waagschale zu legen – nicht zuletzt, um seiner Nutzungsbilanz vielleicht das entscheidende Plus hinzuzufügen. Zwischen beiden Epochen liegt nämlich die Zeit, in der der Altbau ein Lungenfachhospital war. Damit hat es folgende Bewandtnis: Mit dem Einmarsch der Amerikaner Ende März 1945 fand das Reichsseminar sein Ende; Personal wie Seminaristinnen waren geflohen, verschwunden, entlassen; die zum Teil geplünderten Gebäude standen leer und schienen wie geschaffen, das riesige Problem der Unterbringung und Betreuung der mit dem Ende der NS-Herrschaft befreiten Fremdarbeiter und Flüchtlinge aus dem Osten wenigstens im lokalen Raum der Schwalm einer Lösung zuzuführen, doch mit der vorübergehenden Behausung  vieler Menschen in den Baracken des ehemaligen Gefangenlagers STALAG IXa, der heutigen Gemeinde Trutzhain, ging eine große Gefahr einher: eine grassierende TBC. Und in diesem Zusammenhang fanden die Liegenschaften im Steinatal schnell eine neue Verwendung. Unter Leitung zunächst der Amerikaner, dann deutscher Fachkräfte wurden an TBC im Lager Trutzhain Erkrankte im Steinatal betreut, die leichten Fälle im heutigen Altbau, die schwereren im heutigen Kunst-Werkhaus, die Verwaltung kam im schon so oft erwähnten Dithfurtschen Wohnhaus unter. Das ging so bis 1949, als die Amerikaner das Hospital schlossen. Nicht allen konnte geholfen werden, aber doch vielen und es soll schon bezüglich der Geschichte des Altbaus hinzugefügt werden, dass die Gebäude, die bis zum Mai 1945 der Festigung der braunen Diktatur dienten, nun auserkoren waren, denen zu überleben zu helfen, die eben unter dieser gelitten hatten.

Mit 31.3.1949 endet die kurze, aber bemerkenswerte Geschichte des Steinataler Hospitals und die Gebäude fielen in einen Dornröschenschlaf, aus dem sie erst wieder zum Leben erweckt wurden, als die Herren Leiter der Neukirchner Melanchthonschule sich ihrer erinnerten. Damit aber schließt sich auch für unsere Erzählung der Kreis und wir kehren noch einmal auf den Ausgangsort unserer Betrachtungen zurück.                                                                                                                                         

Es ist ein frühherbstlich-spätsommerlicher Septemberabend im Steinatal. Immer noch stehen wir gedankenversunken vor dem Altbau. Der frisch vom fallenden Laub befreite, heilige Rasen, der seinen Zauber durch einen ihn in zwei Hälften teilenden, eher spröden Fußweg verloren hat, scheint ebenso still und wehmütig in sich zu verharren, so, als befände er sich auf der Suche nach der verlorenen ZeitAlles ist still und friedlich um uns herum. Altweiberliche Sommerfäden blinken im allmählich verblassenden Licht und nur leise vernehmlich ist der laue Abendwind, der zart im uns entgegenlachenden, überwiegend rötlichen, üppigen Efeukleid der Altbaufassade spielt. Wir wenden uns dem Parkplatz zu und lassen lächelnd die Figuren von Gestern noch einmal vor unserem geistigen Auge Revue passieren: Luise Dippel, Wolfgang Paeckelmann, Rudolf Dalhoff, Walter Quentel…Namen, die kaum mehr jemand kennt und nennt, hier aber vor dem Vergessen bewahrt sein sollen.

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